Automatic Drawing meets Urban Art
DER GENESIS ZYKLUS.
âAutomatic Drawingâ ist eine von den Surrealisten entwickelte Methode, um im kuÌnstlerischen Prozess das Unterbewusstsein anzuzapfen. Ich bevorzuge die Bezeichnung âIntuitive Drawingâ, da sie besser in die heutige Zeit passt und den spirituellen Aspekt im Schaffen von Kunst mit einbezieht. Der Begriff âAutomatic Drawingâ wurde in einer Boomphase der Industrialisierung geprĂ€gt, in den Goldenen Zwanzigern, passend zum damaligen Bewusstsein, und erscheint heute nicht mehr zeitgemĂ€Ă.
In ihrer konsequentesten Form ist die Methode völlig befreit von jeglicher reprĂ€sentativen Anstrengung, der KuÌnstlerhand wird erlaubt zu tun, was auch immer sie will, ohne Steuerung durch den Verstand. Viele Surrealisten praktizierten damals eine Mischform, um das visuelle Endergebnis ansprechender zu gestalten: eine Fusion aus bewusstem und unbewusstem (oder vielmehr unterbewusstem) kuÌnstlerischem Schaffen.
Ich benutzte das intuitive Zeichnen zunĂ€chst, um mit Gewohnheiten innerhalb meiner Arbeitsweise zu brechen und um ErmuÌdungserscheinungen vorzubeugen. Der Workflow aus âKonzept ausdenken, recherchieren, vorbereiten, konstruieren, ausarbeiten, Feinschliffâ zwang mich oft ins Kleinteilige und beraubte mich meiner SpontaneitĂ€t und Dynamik. Das Wesen des Kunstschaffens, die Freiheit, alles zum Ausdruck zu bringen, ging dabei verloren. Unbeschwertes Versinken im kuÌnstlerischen Prozess, das Loslassen und Sich-Hingeben, sind fuÌr mich jedoch die schönste Form von Eskapismus.
Am meisten interessieren mich die Grenzbereiche, wo interessante Fusionen von Methoden, Medien und Materialien möglich sind. Deshalb ist das Prinzip des intuitiven Zeichnens fuÌr mich eher eine Art TuÌröffner, um zwei RĂ€ume miteinander zu verbinden.
Die Methode des Automatic Drawing ist an kein Medium gebunden und lĂ€dt ein zum Experimentieren. Zu Beginn waren Papier und Bleistift meine Mittel: von einfachsten, kleinformatigen âSkizzenâ bis hin zu komplexeren Formen entstanden unterschiedlichste Ergebnisse. In faszinierender Weise scheint das intuitive Zeichnen die feinen Stimmungsunterschiede des menschlichen Seins einfangen und in einem Medium konservieren zu können.
Im nĂ€chsten Schritt ging ich von Papier & Bleistift uÌber zu Marker und Kunststoffboards, was der Dynamik der Zeichnung einen weiteren Schub gab. Die glattere OberflĂ€che beguÌnstigte einen besseren Schwung und die Markerspitze wurde nicht stumpf, dazu ein schönes, gleichmĂ€Ăig sattes Schwarz der Tinte. Jeder weitere Schritt folgte stets dem selben Prinzip der intuitiven Herangehensweise: die Auswahl der eingefĂ€rbten FlĂ€chen, eine getapete, geometrische Grundierung mit der Dose, das HinzufuÌgen weiterer Techniken wie Radierung oder Stencils oder die generelle Auflösung einer Ausrichtung.
Der besondere Reiz dieser Serie liegt fuÌr mich in der ZusammenfuÌhrung einer beinahe hundert Jahre alten, surrealistischen Methodik mit den Techniken und Materialien aus der Welt des Graffiti bzw. der Urban Art. Der Genesis-Zyklus veranschaulicht diese spannende Fusion und unternimmt den Versuch, die Vielfalt dieser zeitgemĂ€Ăen Interpretation aufzuzeigen.