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This artwork is aging… like you do.

EIN STATEMENT.

Mein Verständnis von Kunst und manche Mechanismen des Kunstmarktes passen zusammen wie Arsch auf… Kaktus?

An Kunst sollte man sich erfreuen, ergötzen, berauschen? Well, dies mag auf einen Teil der Kunstkäufe zutreffen, doch es gibt noch eine andere Entwicklung, welche recht wenig mit der hehren Vorstellung einer magischen Verbindung zwischen Betrachter und Werk zu tun hat.

Investoren haben die Kunst als Spekulationsobjekt für sich entdeckt. Der Einwand, dies sei schon immer so gewesen, trifft in gewisser Weise zu, aber dennoch gibt es signifikante Unterschiede. Die Geschichte zeigt, dass stets Werke gekauft und später teurer wieder verkauft wurden (manchmal auch nicht). Dies geschah zur Freude des Sammlers wie auch des Künstlers selbst, der daran entweder mitverdiente oder eine „Wertsteigerung“ erfuhr, die dem Aufbau seines Renommees diente. Wichtiges Balsam für die Künstlerseele ist jedoch auch die Gewissheit, das sein „Kind“ einen guten Platz und Aufmerksamkeit bekommt. Es muss nicht zwingend eine exponierte Stelle im Louvre sein, darum geht es nicht, aber die Vorstellung, dass sein Werk in einem dunklen Keller rottet, kann keinem passionierten Künstler gefallen.

Doch zurück zu den Investoren. In unsicheren Zeiten mit labilen Wirtschaftssystemen und erheblichen Schwankungen nimmt die Sehnsucht nach Stabilität und Dauerhaftigkeit zu. Gold erfreut sich konstant großer Beliebtheit und Immobilien sind der Shit. Zu viel Virtuelles lässt uns das (Be)Greifbare wertschätzen, wozu auch die Kunst, oder besser gesagt das Kunstwerk gehört. Bis hierhin reicht mein Verständnis. Zu den seltsamsten Auswüchsen gehören für mich jedoch die Zollfreilager, jene Fort Knoxes der Wohlhabenden, in denen sündhaft teure Weine, Goldreserven, Oldtimer, einbalsamierte Vorfahren und in erheblichem Maße zunehmend Kunstwerke gebunkert werden.

Wohin mit den Spekulationsobjekten, fragt sich der Investor (ich vermeide das Wort „Sammler“), welche so aufwendig entpilzt, versiegelt, gut konserviert und klimatisiert gelagert werden müssen? Der eigene Keller wird’s im seltensten Fall hergeben und dann sind ja noch diese verdammten Steuern. Auf diese Fragen geben die Erfinder der Zollfreilager Antworten und lösen das Luxuspoblem mittels einer Festung im no man’s land, wo die Preziosen standesgemäß und steuerneutral eingelagert werden können.

„Herrgottnochmal!“ möchte man rufen, „würdigt die Magie des Werks und lasst andere Menschen daran teilhaben, und zwar nicht in Form einer schön sterilen Videoschalte aus dem Untergrund.“ Dies ist jedoch längst Realität und die Zahl der „Insassen“ steigt.

Es hilft kein Klagen, die Entwicklung lässt sich nicht aufhalten, und dennoch drückt die Träne angesichts der weggesperrten Meisterwerke, in denen eine für die Öffentlichkeit bestimmte Leidenschaft und ein Teil des Künstlers steckt. Ob Kunstwerke auch in eine Art von Winterschlaf fallen können?

Wie auch immer andere Kunstliebhaber und Kunstschaffende dazu stehen, mir geht’s auf den Sack, weil die Essenz der künstlerischen Tätigkeit auf dem Altar der neoliberalen Wirtschaftsordnung geopfert wird. Welchen Wert hat die unendliche Freiheit des künstlerischen Ausdrucks in einem Gefängnis aus Stahlbeton?

„The artwork is aging… like you do“ darf als Protestnote verstanden werden. Wenn ein Kunstwerk mit seinem Besitzer zusammen altert, dann ist ein auf Konservierung hin optimiertes Konstrukt wie das „Zollfreilager“ sinnlos. Ob eingelagert oder nicht, der Alterungsprozess lässt sich nicht aufhalten, nur etwas verlangsamen. Die Konsequenz für den oder die SammlerIn: Hab Freude an deiner Kunst, am besten jeden Tag, und teile sie mit anderen. Sei deiner Vergänglichkeit bewusst und fülle die Lebenszeit mit tieferem Sinn.

Die Arbeiten dieser Serie bestehen aus alternden Materialien, welche sich mit der Zeit verändern, reifen. Finnpappe besteht aus ungebleichtem Holzschliff, ist deshalb nicht lichtecht und dunkelt bei UV-Einfluss nach. Als sich verändernder Malgrund steht es in starkem Kontrast zum sich nicht oder nur minimal verändernden Motiv. Das Werk lebt, Unvorhersehbarkeit und Ungewissheit sind Bestandteil, eine Parallele zu unserer irdischen Existenz.

Das verbindende Element „Vergänglichkeit“ intensiviert die Beziehung von Sammler und Kunstwerk bis zum Zeitpunkt des Abschieds. Das gefällt mir.

 

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